Die Beurteilung
immaterieller Kulturgüter ist eine Herausforderung. Dementsprechend schwierig
ist es, politische Programme wie den Denkmalschutz zu bewerten, welcher
den historischen oder architektonischen Charakter besonderer Gebiete bewahren
soll. In einer kürzlich veröffentlichten Studie, von einem Team aus LSE-
und URBANCONTEXT-Forschern im
Auftrag von English Heritage durchgeführt, haben wir uns dieser Frage
gewidmet. In einem Kommentar des Leiters von English Heritage in der Financial Times wurde hervorgehoben, dass wir positive Effekte auf Preise und
Wertentwicklung von Immobilien in englischen Denkmalschutzgebieten finden. Das
ist richtig und doch nur ein Teil der gewonnenen Erkenntnisse.
Die Herausforderung bei der Bewertung von Denkmalen
und Denkmalschutzgebieten bzw. der Besonderheiten dieser Gebiete ist, dass die
positiven Auswirkungen dieser Gebiete auf ihre Umgebung – und
auf die Gesellschaft als Ganzes – nicht direkt
auf dem Markt gehandelt werden. Da
es keine direkt beobachtbaren
Preise gibt, ist es schwierig, die Zahlungsbereitschaft
der Menschen für solche Häuser bzw. deren Effekte in konkreten Zahlen
auszudrücken.
Deshalb haben wir uns beobachtbaren
Marktergebnissen zugewendet – anhand von über eine Mio.
Immobilien-Transaktionen in ganz England seit 1995. Bei der Analyse von mehr
als 8000 Schutzgebieten konnten wir zeigen, dass die Immobilienpreise – um andere Faktoren bereinigt – um ca. 9% höher liegen als anderswo, und mit
der Dichte an historischen Gebäuden noch steigen. Zudem haben wir 111 ausführliche
Interviews mit Bewohnern in 10 dieser
Schutzgebiete geführt. Ein Ergebnis ist, dass Menschen bereit sind, höhere Prämien
für eine höhere ästhetische Qualität der Umgebung zu bezahlen.
Für Berlin habe ich eine ähnliche Studie durchgeführt: Ich habe den Einfluss historischer
Gebäude und Baudenkmäler auf die Preise von Eigentumswohnungen analysiert. Die
Ergebnisse zeigen, dass die über 16.000 Baudenkmale in Berlin signifikant auf
die Umgebung und die Wohnungspreise
in ihrer Umgebung ausstrahlen, und zwar bis zu einer Reichweite von 600m. Dies
zeigt deutlich, dass zumindest einigen Menschen gebaute Ästhetik und
historischer Charakter etwas wert ist.
Gibt es auch Nachteile? Natürlich
schränkt Denkmalschutz die Möglichkeiten Gebäude zu verändern erheblich ein. Unterschutzstellungen
– welche das Gebäude nicht verändern, jedoch die Nutzungsmöglichkeiten
beeinträchtigen – könnten deshalb den Wert von Immobilien verringern. Bei der
Betrachtung von mehr als 900 seit 1996 ausgewiesenen Schutzgebieten in England
konnten wir jedoch keine signifikanten Auswirkungen auf Immobilienpreise
feststellen. Viele der interviewten Eigentümer unterstrichen die Notwendigkeit
der Beschränkungen, die eine Benennung mit sich bringt.
Dies sind gute
Neuigkeiten, da dies bedeutet, dass der Erhalt gesellschaftlich bedeutender
Gebäude nicht unbedingt zu Lasten der Eigentümer gehen muss.
Denkmalschutzgebiete lösen eine Form des Gefangenendilemmas. Wenn sich
jeder Hausbesitzer um sein eigenes (historisches) Haus kümmert, ist jeder
besser dran. Aber einzelne Hausbesitzer könnten versucht sein, von den
Bemühungen anderer Hausbesitzer zu profitieren, ohne selbst zu investieren.
Eine Regelung, die verbindliche und allgemeingültige Standards setzt, macht
solches Trittbrettfahren schwerer.
Eine
gesamtgesellschaftliche Bewertung der Denkmalschutzpolitik ist dagegen
schwieriger. Sind Unterschutzstellungen im großen Stil im Interesse der Gesellschaft als Ganzes? Einerseits werden dadurch ästhetisch
und historisch bedeutsame Gebiete erhalten. Andererseits
wissen wir nicht, ob dadurch der Neubau und damit das Gesamtangebot an Wohnungen begrenzt wird
und dadurch mittelfristig (und nicht durch eine besondere Wertschätzung) Mieten und Preise steigen. In einem URBANCONTEXT-Blogbeitrag hat Christiane Scholz für Berlin soziale Nebenwirkungen des
Denkmalschutzes konstatiert – Verdrängung der ansässigen Bevölkerung durch
höhere Mieten.
Wenn dem
so ist, kann zu viel
Denkmalschutz goldene Käfige schaffen – schöne Städte, in denen
Wohnraum für den
durchschnittlichen Haushalt unerschwinglich wird.
Was diese Frage angeht, steht die Forschung jedoch noch am
Anfang.
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