Drei Monate vor Eröffnung des neuen Berliner Großflughafens
sind die Zeitungen mit Schlagzeilen zum Thema gefüllt. Insbesondere die
Verteilung des zu erwartenden Fluglärms erhitzt die Gemüter. Wir nutzen die
Gelegenheit noch einmal, URBANCONTEXT
Forschung-Revue passieren zu lassen und stellen uns die Frage:
War es angesichts aktueller Proteste der BER-Anwohner eine
gute Entscheidung, die beiden Innenstadt-Flughäfen zu schließen und sich auf
den Ausbau eines einzigen, an der Stadtgrenze liegenden Flughafens zu
konzentrieren?
Ja und nein sagt eine Studie von URBANCONTEXT. Flughäfen sollten nicht in dicht besiedelten Gebieten
liegen. Die Autoren der Studie zeigen am Beispiel der drei Berliner Flughäfen,
dass die Vorteile innerstädtischer Flughäfen – bessere Erreichbarkeit für die
Bewohner im umliegenden Gebiet – durch die negativen externen Effekte – wie
z.B. Fluglärm – mehr als „wettgemacht“
werden. So müssen die Bewohner der Innenstadt teils starke Lärmbelastungen
hinnehmen, was zu signifikanten Preisabschlägen bei Immobilien führt – etwa
5-6% je Erhöhung des Fluglärms um 10db (siehe dazu auch den Blogeintrag vom
17.02.2012).
Die Studie bestätigt zudem neueste Ergebnisse anderer
Studien, dass innerhalb von Städten nur begrenzte Produktivitäts- und
Nutzeneffekte von einem verbesserten Zugang zu interregionalen
Verkehrsknotenpunkten innerhalb der Stadt
ausgehen. In Berlin gilt dies nicht nur für Flughäfen, sondern auch für den
Bahnfernverkehr. So umstritten die Neuordnung 2006 mitsamt der Schließung des
Bahnhofs Zoo für den Fernverkehr auch war. URBANCONTEXT
zeigt in einem anderen Papier: Eine signifikante Wirkung auf die Lageattraktivität ist nicht
nachweisbar.
Während eine Verlagerung des Fluglärms in weniger dicht
besiedelte Gebiete also sinnvoll ist, ist damit die Frage noch nicht
beantwortet, ob Schönefeld die richtige Wahl war. Volkswirtschaftlich könnte
ein Standort in einem noch weniger dicht besiedelten Gebiet Sinn ergeben,
selbst wenn sich die Fahrtzeit dadurch etwas erhöht. Solche alternativen Standen
bekanntlich zur Auswahl (z.B. Stendal in der Altmark, Sachsen-Anhalt).
Zu bedenken ist allerdings: Die genannten Ergebnisse sind
nicht nur spezifisch für Berlin, sondern auch eine Momentaufnahme. Die Vorteile,
die die lokale Wirtschaft aus einem nahegelegenen Flughafen bezieht, hängen
stark von den örtlichen Gegebenheiten ab. In einer international vernetzten Finanzmetropole
wie London, in der viele Geschäftsreisen äußerst zeitkritisch sind, entfaltet
ein City-Airport eine ganz andere Wirkung als in einem Regionalzentrum mit
vorwiegend lokaler Wertschöpfung. Selbst wenn die Frage des Flughafenstandorts für
viele der aktuell in Berlin ansässigen Unternehmen nur eine untergeordnete
Rolle spielt, ist es also durchaus möglich, dass ein relativ zentraler Großflughafen
für Branchen, die in Berlin noch unterrepräsentiert sind, eine wichtige Rolle
spielt. Ob sich Unternehmen aus solchen Branchen mit BER nach Berlin locken
lassen, werden jedoch erst die Zeit und künftige Untersuchungen zeigen. Wir
bleiben dran.
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