Dienstag, 6. März 2012

Aus ökonomischer Sicht ist ein Berliner Innenstadtflughafen (noch) nicht sinnvoll




Drei Monate vor Eröffnung des neuen Berliner Großflughafens sind die Zeitungen mit Schlagzeilen zum Thema gefüllt. Insbesondere die Verteilung des zu erwartenden Fluglärms erhitzt die Gemüter. Wir nutzen die Gelegenheit noch einmal, URBANCONTEXT Forschung-Revue passieren zu lassen und stellen uns die Frage:
War es angesichts aktueller Proteste der BER-Anwohner eine gute Entscheidung, die beiden Innenstadt-Flughäfen zu schließen und sich auf den Ausbau eines einzigen, an der Stadtgrenze liegenden Flughafens zu konzentrieren?

Ja und nein sagt eine Studie von URBANCONTEXT. Flughäfen sollten nicht in dicht besiedelten Gebieten liegen. Die Autoren der Studie zeigen am Beispiel der drei Berliner Flughäfen, dass die Vorteile innerstädtischer Flughäfen – bessere Erreichbarkeit für die Bewohner im umliegenden Gebiet – durch die negativen externen Effekte – wie z.B. Fluglärm –  mehr als „wettgemacht“ werden. So müssen die Bewohner der Innenstadt teils starke Lärmbelastungen hinnehmen, was zu signifikanten Preisabschlägen bei Immobilien führt – etwa 5-6% je Erhöhung des Fluglärms um 10db (siehe dazu auch den Blogeintrag vom 17.02.2012).

Die Studie bestätigt zudem neueste Ergebnisse anderer Studien, dass innerhalb von Städten nur begrenzte Produktivitäts-­ und Nutzeneffekte von einem verbesserten Zugang zu interregionalen Verkehrsknotenpunkten innerhalb der Stadt ausgehen. In Berlin gilt dies nicht nur für Flughäfen, sondern auch für den Bahnfernverkehr. So umstritten die Neuordnung 2006 mitsamt der Schließung des Bahnhofs Zoo für den Fernverkehr auch war. URBANCONTEXT zeigt in einem anderen Papier: Eine signifikante Wirkung auf die Lageattraktivität ist nicht nachweisbar.
Während eine Verlagerung des Fluglärms in weniger dicht besiedelte Gebiete also sinnvoll ist, ist damit die Frage noch nicht beantwortet, ob Schönefeld die richtige Wahl war. Volkswirtschaftlich könnte ein Standort in einem noch weniger dicht besiedelten Gebiet Sinn ergeben, selbst wenn sich die Fahrtzeit dadurch etwas erhöht. Solche alternativen Standen bekanntlich zur Auswahl (z.B. Stendal in der Altmark, Sachsen-Anhalt).

Zu bedenken ist allerdings: Die genannten Ergebnisse sind nicht nur spezifisch für Berlin, sondern auch eine Momentaufnahme. Die Vorteile, die die lokale Wirtschaft aus einem nahegelegenen Flughafen bezieht, hängen stark von den örtlichen Gegebenheiten ab. In einer international vernetzten Finanzmetropole wie London, in der viele Geschäftsreisen äußerst zeitkritisch sind, entfaltet ein City-Airport eine ganz andere Wirkung als in einem Regionalzentrum mit vorwiegend lokaler Wertschöpfung. Selbst wenn die Frage des Flughafenstandorts für viele der aktuell in Berlin ansässigen Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle spielt, ist es also durchaus möglich, dass ein relativ zentraler Großflughafen für Branchen, die in Berlin noch unterrepräsentiert sind, eine wichtige Rolle spielt. Ob sich Unternehmen aus solchen Branchen mit BER nach Berlin locken lassen, werden jedoch erst die Zeit und künftige Untersuchungen zeigen. Wir bleiben dran.

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